moinschool unconscious bias busting

November 2, 2018

moinschool - Design Thinking, Unconscious Bias Training & smarte Produkte entwickeln

Mittwoch 24.10., 10 Uhr morgens: als moinschool sind Maggi und ich (Joyce) heute wieder an der Reformschule Winterhude. Unsere moinschool Mädchen Gruppe erwartet uns, sie wissen noch nicht worum es diesmal geht. Wir beginnen mit den Fragen: „Was meint ihr wer wir sind (Alter, Geschlecht, Nationalität)“ und: „Womit beschäftigen wir uns (Ausbildung, Studium, Beruf)“ Beim Geschlecht wird kurz gelacht, es irritiert scheinbar, dass die Frage überhaupt im Raum steht. Ziemlich treffsicher schätzen die Schülerinnen uns anschließend ein, auch wenn wir weder französische, afrikanische oder südamerikanische Wurzeln haben. Und das Thema des Workshops ist allen schnell klar: es geht um Vorurteile.

Was ist ein unconscious bias training?

Bei Unconscious Bias Trainings nutzen wir die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung. Wir alle haben Vorurteile, die unterbewusst ablaufen und so unsere Entscheidungen beeinflussen. Ziel von Unconcious Bias Trainings ist es also nicht, Vorurteile zu verurteilen, sondern diese bewusst zu machen, um unreflektierte Entscheidungen zu reduzieren. Denn wenn wir uns unserer Unconscious Biases bewusst werden, können wir ihren Einfluss reduzieren. Im Zusammenhang mit den Schülerinnen ist es uns wichtig, dass sie sich der Einflusse dieser Unconscious Biases auf vermeintliche Neigungen und Fähigkeiten die später zu einer Berufswahl führen, bewusst sind. “Männer wie Frauen haben demnach gesellschaftliche Geschlechterstereotype derart verinnerlicht, dass sie ihre Entscheidungen und Bewertungen unbewusst beeinflussen – zuungunsten der Frauen.(Zeit, 2016)”

Agenda

Das sogenannte Bias Busting ist ein essentieller Bestandteil unseres Projektes moinschool, denn auch die EU-Studie Women in the Digital Age hat mal wieder bestätigt “that gender inequality in the digital sphere is essentially a result of the persistence of strong unconscious biases about what is appropriate and what capacities each gender has, as well as about the technologies themselves which requires a fundamental cultural change.” Nach einer kurzen Einleitung in das Thema Vorurteile beschäftigen wir uns damit, weshalb Menschen überhaupt Vorurteile haben und wie uns diese im Alltag und bei der Definition des „Ichs“ unterstützen. Sie prägen unsere Entscheidungen, was wir uns zutrauen und welchen Karriereweg wir einschlagen. Das ist erstmal okay. Problematisch ist aber, dass wir uns über diese Einflüsse oftmals nicht im Klaren sind. Denn Vorurteile gehören so sehr zu unserem Leben dazu, dass sie meist unbewusst ablaufen und damit unbemerkt bleiben. Dass das nicht der Fall sein muss und es an uns allen liegt gesellschaftliche Zuschreibungen selbstbestimmt anzunehmen oder abzulehnen war die zentrale Botschaft, die wir den Schülerinnen am letzten Mittwoch vermittelt haben.

Geschlechtsspezifische Berufe und Aufgaben?

Die vielen, kleinen Schubladen in die wir uns gegenseitig stecken führen häufig dazu, dass wir uns mit den zugewiesenen Rollen identifizieren. Am Beispiel Mathe und Geschlecht wird das deutlich: Mädchen können vermeintlich kein Mathe, die Lehrkräfte nehmen dich als Mädchen nicht so oft dran, irgendwann hast du keine Lust mehr und meldest dich nicht mehr. Das Vorurteil wird bestätigt und reproduziert.

Beispiel aus der Werbung

Beliebte Plattform für solche Schubladen ist auch die Werbung. Z. B. für eine Uhr mit dem Slogan „Fast so schön wie eine Frau, tickt aber richtig“, oder für ein Getränk mit der Headline „Männer haben auch Gefühle: Durst“. Was bleibt hängen? Der Eindruck wir lebten in einer Welt, in der die eine Hälfte der Gesellschaft schön, die andere gefühlslos ist. Wie stark solche Geschlechterrollenbilder in unserer Gesellschaft noch immer verankert sind, wird auch daran deutlich, dass Frauen immer noch den Großteil der Care Arbeit leisten, Elternzeit nehmen oder in Teilzeit arbeiten. Männer hingegen nach wie vor die „Karrieremacher“ sind und deutlich weniger Zeit für Angehörige und Haushalt haben. Und auch die Schülerinnen meinen: „Wenn ich über meinen späteren Beruf nachdenke, plane ich eigentlich nicht ein, damit meine ganze Familie ernähren zu müssen.“ „Bei den Jungs ist das aber schon mehr drin - „wir arbeiten“. In unserem Alter ist das schon präsent“. Und dennoch sind sich die Schülerinnen einig: auch sie wollen Karriere machen – vielleicht mit dem Vorteil nicht so sehr unter Druck zu stehen, wie ihre männlichen Altersgenossen.

Programmieren ist ein wichtiges Werkzeug für die Zukunft von Mädchen

Nachdem wir uns in den ersten drei Stunden mit Vorurteilen, der eigenen Sozialisationsgeschichte und Geschlechterrollen beschäftigt haben, machen wir nun genau damit weiter: den Karrierevorstellungen der Schülerinnen. Die meisten Frauen sind heute über Umwege in technische Berufe gerutscht. Viele von ihnen haben es in der Schulzeit schlichtweg nicht als Option gesehen, Ingeneurin oder Informatikerin zu werden. So war es auch bei Julia, die als angehende Entwicklerin unseren Kurs besucht und den vielen Fragen zu ihrem Studium, ihren ersten Schritten in der IT und den Erfahrungen als oftmals einzige Frau unter vermeintlichen „Tech-Nerds“ Rede und Antwort steht. Es ist kurz vor drei und wir gehen zur letzten Aufgabe über. Durch das Berufsraster entsteht ein buntes Bild verschiedenster Interessen (Polizistin, Maschinenbauerin, Modedesignerin, Köchin, Informatikerin, Ärztin, Personalreferentin, …) und der Eindruck, dass die inzwischen siebzehn Mädchen selbstbewusst und reflektiert in ihre berufliche Zukunft blicken.

Besonders wichtig ist uns abschließend das Feedback der Schülerinnen: Der Tag hat ihnen Spaß gemacht, sie haben viel Neues gelernt, die Themen haben ihnen gefallen und sie verstehen nun besser, weswegen sich moinschool speziell an Mädchen richtet. Die Schülerinnen waren allerdings der Meinung, dass der Unconscious Bias Workshop auch Jungs bzw. geschlechtergemischte Gruppen angeboten werden sollte. Tolles Resümee und ein super Hinweis, den wir ganz bald umsetzen werden! Vielen Dank an die Reformschule Winterhude und die Schülerinnen für ihre Offenheit und den bereichernden Tag!

Wir hoffen, dass wir erreicht haben, dass die Mädchen jetzt mit einer anderen Motivation in das Thema Programmieren einsteigen mit dem wir ab nächster Woche beginnen werden.

Wenn ihr mehr über unser Projekt moinschool erfahren wollt oder das Programm auch an Eurer Schule haben möchtet. Wendet Euch an uns unter moin@moinworld.de und lest mehr dazu hier.

Links:

EU Studie, 2018

ZEIT 2016