Mädchen unterrichten Grundschüler*innen

December 20, 2020

An der Grundschule Döhrnstrasse zeigen wir, wie man Kindern in der Grundschule das Programmieren näherbringen kann. Gleichzeitig fördern wir damit das unser Nachwuchstalent, denn Sarah (15) und Kaja (18) unterrichten den Kurs. Es ist uns wichtig, bei Jungen und Mädchen gleichermaßen Interesse und Motivation für Themen der Informatik zu wecken. Rollenvorbilder sind in diesem Zusammenhang besonders wichtig und wer sind bessere Vorbilder als Mädchen, die auch noch nicht so alt sind und ihre Begeisterung für das Thema teilen können? In unserem Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler verstehen, dass Computer keine mystischen Zauberkisten sind – sie führen nur das aus, was ein Mensch programmiert hat. In einem Interview erzählen Sarah und Kaja von ihren ersten Unterrichtserfahrungen.

Könnte ihr euch beide einmal vorstellen?

Sarah:

Ich bin 15 Jahre alt und bin Schülerin eines Gymnasiums in Lokstedt. Ich beschäftige mich in meiner Freizeit viel mit Informatik und habe durch meine frühere Informatik-Gruppe (TUHH Harburg) Kontakt zu moinworld bekommen. Mir und drei weiteren Freundinnen wurde vorgeschlagen, Programmieren zu unterrichten. Durch unsere Vorerfahrungen wurde uns angeboten, an einer Grundschule in Form einer AG zu unterrichten. Ich habe dann zugesagt, weil ich es interessant finde Kindern etwas beizubringen. Jedoch war es zeitlich für mich alleine zu viel, weswegen ich angeboten habe, mir die Arbeit mit jemand anderen zu teilen. Daraufhin hat Kaja sich dann gemeldet.

Kaja:

Ich bin 18 Jahre alt und habe in diesem Jahr mein Abitur gemacht und mache aktuell ein freiwilliges Ökologisches Jahr. Ich habe am Sommercamp von moinworld dieses Jahr teilgenommen, wo ich das erste Mal mit moinworld in Kontakt getreten bin. Ich war danach weiterhin bei Meetings dabei und wurde später angesprochen, ob ich Interesse hätte, Informatik an einer Grundschule zu unterrichten. Da mir Scratch in der Schule schon leicht fiel, kannte ich mich hiermit schon aus. Ich hatte Lust das Unterrichten einfach mal auszuprobieren.

Wie seid ihr das erste Mal in Kontakt mit Informatik und Programmieren getreten?

Sarah:

Auf der TUHH Harburg habe ich das erste Mal Informatik belegt. Davor habe ich auch schon etwas auf dem Computer rumprobiert, aber so richtig dann erst in der Schule.

Kaja:

Ich bin mir gar nicht sicher, was genau mein erster Kontakt mit Informatik war. Ich war schon immer sehr an Naturwissenschaften interessiert und habe mich auch in verschiedenen Gruppen engagiert. Mittlerweile gibt es ja sehr viele Möglichkeiten, für Schüler*innen die sich gerne mit Naturwissenschaften beschäftigen. In der 8. Klasse wollte ich dann von meinem Naturwissenschaften- Kurs in den Informatik-Kurs wechseln. Ich weiß gar nicht mehr genau wieso ich wechseln wollte. Ich glaube, ich hatte ein Buch über das Programmieren gelesen und fand es so spannend, dass ich mehr darüber lernen wollte. Tatsächlich war ich dann das einzige Mädchen in dem Informatikkurs, was leider schon eine komische Erfahrung war.

Wie oft unterrichtet ihr die Kinder?

Kaja:

Es finden wöchentlich zwei Kurse hintereinander statt, jeweils für die 2. und 3. Klasse. Der Kurs ist einstündig aber wird tatsächlich meistens überzogen, weil die Schüler*innen noch etwas zu Ende machen möchten oder noch Fragen offen sind.

Wie sieht das Geschlechterverhältnis in der AG aus?

Sarah:

Der Kurs wurde speziell für Mädchen angeboten und nennt sich entsprechend auch “Frauen-Power: Programmieren 2. Klasse/3. Klasse”. In jedem Kurs sind mindestens die Hälfte der Schüler*innen weiblich. Unter den 12 Schüler*innen sind glaube ich sogar 9 Mädchen und nur 3 Jungs.

Wie genau bringt ihr den Grundschülern das Programmieren bei?

Kaja:

Am Anfang hatten wir noch schöne Präsentationen vorbereitet, auf denen wir die einzelnen Bausteine vorgestellt haben und Vorgehensweisen. Mit der Zeit haben die Grundschüler*innen aber immer mehr nachgefragt wann sie endlich programmieren können. Jetzt wo die Grundsteine gelegt sind, gehen wir immer direkt in den Computerraum. Die Kinder können sich frei entscheiden worauf sie Lust haben und wir geben dann den jeweiligen Input. Beispielsweise wollen die Kinder erstmal eine Figur bewegen können und wir geben ihnen Hilfestellungen wie sie es schaffen können. Am Anfang war ich etwas verwundert, da die Kinder unbedingt erstmal selber experimentieren wollten. Jetzt klappt es aber echt super und die Schüler*innen fangen an sich gegenseitig zu helfen. Ich finde es schön, dass die Kinder sich untereinander Sachen beibringen.

Hat sich der Unterricht durch die Corona-Pandemie verändert?

Sarah:

Wir machen den Unterricht immer noch von Person zu Person. Ich glaube digital wäre es sehr schwierig den Kindern den Stoff beizubringen. Vermutlich würden sie schnell das Interesse verlieren, da die persönliche Interaktion fehlen würde. Außerdem gehört zum Programmieren die Individualität, welche dann nicht mehr gegeben wäre. Jeder hat sein eigenes Programm vor sich und kann somit auch ganz individuell die Stunde gestalten.

Würdet ihr sagen, dass das Feedback von den Schüler*innen positiv ist?

Sarah:

Sie freuen sich auf jeden Fall und zeigen großes Interesse aber natürlich ist es immer noch Unterricht. Man merkt aber dass sie sich auf den Kurs freuen und sehr engagiert dabei sind. Gerade weil jeder etwas anderes machen kann. Natürlich kann es auch mal langweilig werden, wenn es beispielsweise Probleme mit Passwörtern oder Ähnlichem gibt. Alles in allem scheinen sie aber sehr zufrieden zu sein.

Kaja:

Ich hoffe natürlich auch, dass die Kinder Spaß haben. Das ist ja das wichtigste an der AG. Ich habe auch noch nie mitbekommen, dass ein Kind sich gelangweilt hat. Es sind zwar 12 Schüler*innen und wir nur 2 Lehrerinnen, aber man merkt dass es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden ist, weil alle sehr konzentriert sind. Wir versuchen so viel es geht für alle da zu sein. Kinder brauchen viel Aufmerksamkeit und Hilfe, aber gerade das macht uns ja auch viel Spaß. Grundsätzlich merkt man die Unsicherheit mit den Computern, aber dafür sind wir ja jetzt da. Wir wollen ihnen diese Unsicherheit nehmen und gleichzeitig zeigen wieviel Spaß es machen kann.

Was nehmt ihr persönlich aus dem Kurs mit?

Sarah:

Mir macht es vor allem viel Spaß den Kindern etwas beizubringen und bei ihren ersten Schritten im Bereich Programmieren dabei zu sein. Ich habe gemerkt, dass mir der Umgang mit den Kindern persönlich viel Freude bereitet. Es ist wirklich schön zu sehen, wie die Kinder sich freuen wenn sie etwas selber programmieren. Der Spaß steht für mich im Vordergrund.

Kaja:

Ich würde mich da anschließen. Grundsätzlich lernt man immer etwas, wenn man mit verschiedenen Menschen interagiert. Da ich keine kleineren Geschwister habe, lerne ich den Umgang mit dieser Altersgruppe das erste Mal kennen. Ich war schon überrascht wie die Kinder sozusagen funktionieren und wie sie miteinander kommunizieren. Obwohl die Kinder eine Generation unter uns sind hat man viele Schnittpunkte mit ihnen. Beispielsweise konnten wir über Spiele sprechen, die ich aus meiner Kindheit kenne. Ich freue mich, dass es nun eine Generation geben kann, die nicht erst wie ich in der 10. Klasse mit Informatik in Kontakt kommt. Mittlerweile ist klar, dass Informatik immer wichtiger wird und es wird zum Glück immer früher und häufiger unterrichtet. All das was wir im Informatik Unterricht gelernt haben, reicht heutzutage einfach nicht mehr aus, um als datenbewusster Mensch zu agieren. Ich hoffe, dass die Generationen unter uns nun endlich die nötige Unterstützung und das Wissen erhalten, um später besser aufgestellt zu sein.