September 25, 2018
Marlene Bloier, 34, Analytical Consultant bei Google
Erzähle uns etwas zu Dir und Deinem Werdegang
Verglichen mit Kollegen, die wie ich bei Google im Sales Bereich arbeiten, habe ich einen ungewöhnlichen Werdegang. Während die meisten nämlich recht klassisch Wirtschaftslehre / Business studiert haben, habe ich einen Magisterabschluss in Theater- & Medienwissenschaften und Literaturwissenschaft.
Ich bin damit auch eher auf Umwegen zu Google gekommen – bin hier aber trotzdem nicht die einzige mit einem etwas ausgefalleneren Werdegang. Als ich mein Studium 2009 abgeschlossen hatte, war die Wirtschaftskrise gerade in vollem Gange, was die eh schon nicht ganz einfache Jobsuche für Geisteswissenschaftler nochmal erschwerte. Ich fing also erstmal einen Job in einem Call Center an – Online Werbung am Telefon verkaufen, das klang nicht gerade nach meinem Traumjob und sollte daher eigentlich auch nur eine vorübergehende Lösung sein. Das Call Center entpuppte sich jedoch als Google’s offizielle deutsche Partnerfirma und war letzten Endes der Anstoß für meine spätere Bewerbung bei Google.
Vom Call-Center Übergangsjob zum Einstieg bei Google als Account Manager
2012 wechselte ich also von der Partnerfirma direkt zu Google und fing im europäischen Headquarter in Dublin als Account Manager an. Nach fünf Jahren in diesem Job fand ich es Anfang diesen Jahres dann aber an der Zeit für eine Veränderung – mir ist es wichtig, immer etwas Neues zu lernen, und ich wollte mich gern in eine analytischere und technischere Richtung weiter entwickeln. Deshalb wechselte ich innerhalb von Google in den Bereich Data Science / Business Analytics.
Business Analyst bei Google
Was mir besonders an meinem neuen Job gefällt ist, dass er technische Aspekte wie Mathe, Statistik und die Datenbanksprache SQL mit betriebswirtschaftlichen- und kommunikativen Aspekten verbindet. Einen Großteil meiner Zeit verbringe ich damit, geeignete Datenquellen zu identifizieren und zusammenzustellen sowie die Analysen vorzubereiten und durchzuführen. Es ist aber zusätzlich auch sehr wichtig, dass ich meine Ergebnisse so aufbereiten und an Kollegen und Kunden kommunizieren kann, dass man sie auch ohne analytisches Wissen verstehen und daraus konkrete Schlüsse ziehen kann.
Wann hast Du dein Interesse für den Bereich Tech/ IT entdeckt?
Spannend fand ich diesen Bereich immer schon. Als Jugendliche habe ich viel Zeit mit Computerspielen verbracht; als ich 13 war, hatten wir dann den ersten Computer zuhause stehen und auch das Internet hat mich von Anfang an fasziniert. Nach dem Abitur war ich zunächst unschlüssig, was ich studieren wollte – kurzzeitig hatte ich auch über Informatik nachgedacht, mich dann aber von den technischen Anforderungen abschrecken lassen. Zurückblickend bereue ich schon etwas, dass ich es damals nicht versucht habe.
Als Sales Googler Einblick ins Engineering
Die Begeisterung für Tech Themen blieb aber und nachdem ich begonnen hatte, bei Google zu arbeiten, wurde das Interesse noch verstärkt. Bei Google gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Abteilungen, Sales und Engineering. Auch als Sales Googler kann man aber viel Einblick bekommen in die Arbeit der Programmierer bei Google, was ich immer wahnsinnig spannend fand. So habe ich die (Weiter-)Entwicklung vieler innovativer technologischer Projekte zumindest vom Rande aus mit verfolgen können.
Coden kann man lernen
Noch cooler ist es aber natürlich, auch selbst etwas entwickeln zu können – das jahrelange „Zuschauen“ machte mich schließlich so neugierig, dass ich neben der Arbeit einen mehrwöchigen Programmierkurs bei Google belegte, bei dem Frauen anderen Frauen das Coden beibringen. Es machte richtig Spaß, plötzlich erste eigene kleine Programme schreiben zu können, und ich erkannte auch, dass Coden zwar schon eine ziemliche Herausforderung ist, aber auch etwas, das ich wie alles andere auch, lernen und üben kann.
Welche Technologien findest Du (momentan) am spannendsten? Was interessiert Dich am meisten?
AI und Machine Learning als Hilfsmittel um die Welt besser zu machen
Ich glaube, dass Artificial Intelligence die wichtigste technologische Entwicklung in diesem Jahrhundert sein wird. Wie die Erfindung der Elektrizität oder des Computers wird sie nicht nur viele Industrien, sondern auch die ganze Gesellschaft umwälzen. Ich finde das super spannend und glaube fest daran, dass neue Technologien wie AI ein Hilfsmittel sein können, um das Leben der Menschen besser zu machen. Wir sind noch weit davon entfernt, Formen einer künstlichen Intelligenz zu entwickeln, wie man sie in Science Fiction Filmen sieht (wie z.B. der weibliche Androide im Film „Ex Machina“). Aber mit Machine Learning als einem Teilbereich der künstlichen Intelligenz können Computer jetzt schon in großen Datenmengen Muster erkennen und Lösungen entwickeln. Es wird quasi künstliches Wissen aus Erfahrungen generiert.
Machine Learning ist schon länger Teil unseres Alltags
Machine Learning ist in dieser Form schon länger Teil unseres Alltags, auch wenn wir uns dessen oft gar nicht bewusst sind – personalisierte Filmempfehlungen bei Netflix, Warnsysteme von Banken bei betrügerischen Transaktionen, oder die Suchergebnisse bei Google nutzen diese Algorithmen.
Machine Learning für Umweltschutz
Besonders spannend finde ich aber, wie künstliche Intelligenz für den Umweltschutz eingesetzt werden kann. Beispielsweise analysieren und klassifizieren Meereswissenschaftler mithilfe von Machine Learning Walgesänge; eine Umweltschutzorganisation filtert Geräusche, um illegale Abholzung im Regenwald zu erkennen; und Betreiber von Solaranlagen können die Erzeugung von Solarenergie präziser vorhersagen, was beim Ausbau der erneuerbaren Energien hilft.
Was meinst Du müsste geändert werden, damit mehr Mädchen und Frauen das Experimentieren mit Technologien für sich entdecken? Was glaubst Du, welche Maßnahmen sind notwendig, um mehr Frauen für die IT/ Tech zu begeistern?
Es gibt eine Theorie, dass die niedrigere Anzahl an Frauen in Tech auch daher kommt, dass viele Frauen es bevorzugen, direkt mit Menschen zusammen zu arbeiten anstatt mit Dingen. Sie wählen Ausbildungsweg und Jobs noch viel mehr als Männer danach aus, ob sie denken, dadurch anderen helfen zu können und die Welt ein Stückchen besser zu machen. Mathematische und technische STEM Berufswege werden dann oft als weniger kompatibel mit dieser Vorstellung angesehen wie andere Berufe, bis auf Bereiche wie z.B. Biomedizin, Gesundheitstechnik oder Bauingenieurwesen – und in diesen Bereichen ist das Geschlechterverhältnis dann auch tatsächlich sehr ausgeglichen.
Aufzeigen, dass Technologien Hilfsmittel für alle Bereiche sind - es geht darum Menschen zu unterstützen und zu helfen
Um also mehr Frauen für Tech Berufe zu begeistern, ist es wichtig aufzuzeigen, wie unglaublich vielfältig die Arbeitsmöglichkeiten dort eigentlich sind – und dass man auch und gerade im Tech Bereich mit anderen im Team kreativ zusammen daran arbeiten kann, Probleme der Menschen zu lösen und ihnen zu helfen. Technologie hat jetzt schon so einen großen Einfluss auf alle unsere Lebensbereiche und das wird, wie gerade schon erwähnt, durch Entwicklungen wie Artificial Intelligence noch verstärkt werden.
Frauen müssen an den drastischen Veränderungen unserer Gesellschaft beteiligt werden
Umso wichtiger ist es,dass bei einer so drastischen Veränderung unserer Gesellschaft auch Frauen zukünftig mit entwickeln und entscheiden. Schätzungen zufolge wird jeder zweite heutige Job in 20-30 Jahren verschwinden, dafür entstehen spannende neue Berufsbilder in Bereichen wie beispielsweise Cyber Security, Robotik oder Bioingenieurswesen. Auch dort geht es ganz konkret darum, Menschen zu unterstützen und zu helfen.
Was würdest Du jungen Frauen, die sich für eine Karriere im Bereich IT interessieren, mit auf den Weg geben?
Nicht vom Image des „Computer-Nerds“ beirren lassen. Der Frauenanteil liegt bei MINT Fächern inzwischen schon bei 32% (in der Informatik sind es 25%), man hat aber trotzdem oft noch das Stereotyp des männlichen Programmierers im Kopf, wie es leider von den Medien auch immer noch viel verbreitet wird. Im Fernsehen und Kino sieht man dann etwa hochbegabte junge Männer, die eigenbrötlerisch sind, nur zuhause vorm Computer sitzen und nicht in der Lage sind, ein normales Alltagsgespräch zu führen. Das ist natürlich in erster Linie ein Klischee, denn eigentlich ist die Informatik eine sehr vielfältige Disziplin, in der ganz unterschiedliche Methoden und Begabungen eine Rolle spielen. Und genau diese Vielfältigkeit braucht die Informatik auch, um Fortschritt und Innovation für die Gesellschaft zu ermöglichen.
Marlene Bloier im Interview mit moinworld
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