May 4, 2017
Du bist gerade nach San Francisco umgezogen, um dort Head der DACH Region von Udemy zu werden. Wie ist das Leben dort im Vergleich zu hier und vermisst Du Hamburg?
Zunächst ist mir natürlich das gute Wetter positiv aufgefallen, auch wenn es diesen Winter hier ungewöhnlich viel geregnet hat. Ich liebe außerdem die kalifornische Natur - von SF aus kann man Skifahren gehen, Surfen, Wandern, Rennradfahren. Das ist schon toll. An Hamburg vermisse ich vor allem viele Freunde und ab und an ein Fischbrötchen.
Was meinst Du sind Deine größten Herausforderungen in Deiner neuen Position?
Einerseits ist es mir wichtig, ein starkes Team für den deutschen Markt aufzubauen. Andererseits haben wir ganz konkret ambitionierte Wachstumsziele, die es zu erreichen gilt, und die zu erreichen eine Herausforderung ist. Diese Ziele sind deswegen so ambitioniert, weil wir unsere Mission umsetzen wollen, Bildung global zugänglich zu machen.
Hat Udemy auch ein Diversity Programm? Was tut Udemy generell für Women Empowerment? Achtet ihr darauf, dass gerade die technisch orientierten Kurse auch mit weiblichen Vortragenden besetzt sind?
Udemy-intern ist Diversity natürlich wie bei allen Firmen im Silicon Valley ein wichtiges Thema, und zwar über das Thema Gender hinaus - wir wollen als Arbeitgeber Leute verschiedener Ethnien, Altersgruppen, Religionen etc. einstellen, weil wir glauben, dass uns das als Firma innovativer und stärker macht.
Women Empowerment spielt auch eine grosse Rolle. Es gibt eine Women at Udemy Gruppe, die beispielsweise ein Event zum Thema Equal Pay Day organisiert hat. Auf Seite der Dozenten ist es mir ein grosses Anliegen, weibliche Talente zu fördern. Gerade technisch orientierte Kurse sind momentan von männlichen Dozenten dominiert. Ich würde mich sehr freuen, wenn eine starke Dozentin das Feld aufmischen würde. Falls eine Frau das liest, die sich vorstellen könnte auf Udemy zu unterrichten - unbedingt bei mir melden!
Lernen Frauen auf Udemy andere Themen als Männer?
Generell sind auf Udemy technische Themen wie Web Development am beliebtesten, und das gilt für Männer wie für Frauen. Darüber hinaus interessieren sich Frauen mehr als Männer für Kurse, die mit persönlicher Veränderung zu tun haben, wie zum Beispiel Produktivität oder Fotografie.
Seit wann besteht Interesse für Tech? Wie entstand der erste Kontakt mit Tech (Eltern, Schule, Eigeninteresse, Studium etc.)?
Ich habe mich schon früh für Tech interessiert und neue Technologien immer gerne ausprobiert. Als mögliches Berufsfeld habe ich es mir erst durch mein MBA-Studium an der Hamburg Media School erschlossen, wo wir sowohl Studienschwerpunkte wie Informations- und Medientechnik hatten studentische Beratungsprojekte mit Fokus auf die digitale Transformation durchgeführt haben.
Gibt es Personen (Frauen), die dich unterstützt/gefördert haben? Hast du ein Vorbild?
Im Laufe meiner Karriere habe ich immer wieder Menschen getroffen, die mich unterstützt haben - sowohl Frauen als auch Männer. Die Frage nach Vorbildern ist schwer zu beantworten. Ich habe kein einzelnes Vorbild, dem ich nachstrebe. Aber es gibt Leute, die ich für gewisse Dinge bewundere und an denen ich mich orientiere. Das sind nicht unbedingt berühmte Persönlichkeiten, sondern Personen, an denen ich bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften schätze, und denen ich nach eifere.
Hast du selbst etwas entwickelt? Wenn ja, schildere uns das Projekt.
Ich habe viele Projekte entwickelt aber kein rein technisches. Das ist noch ein Ziel von mir: zumindest im Ansatz Programmieren zu lernen. Momentan mache ich einen SQL Kurs auf Udemy, um damit in Zukunft unsere Datenbanken abfragen zu können.
Was waren Deine Aufgaben bei Google?
Ich habe für Google Deutschland, Österreich, Schweiz für Books on Google Play gelauncht und ausgebaut, und an internationalen Märkten wie Israel gearbeitet. Im Grunde genommen war ich also eine elektronische Buchhändlerin und habe dafür gesorgt, dass unser Schaufenster so attraktiv wie möglich ist.
Warum gibt es so wenige Frauen in der Tech-Branche Deiner Meinung nach?
Wenn ich mich im Büro umschaue, sehe ich durchaus viele Frauen - nur sind die eher im Kundenmanagement oder Marketing beschäftigt als in der Engineering Abteilung. Zudem gibt im Verhältnis weniger weibliche Manager als männliche. Meiner Meinung nach gibt es also durchaus Frauen in der Tech-Branche, sie sind aber aufgrund verschiedener Ursachen nicht so gleichmäßig in Unternehmen verteilt wie wünschenswert wäre.
Darüber hinaus haben weltweit Frauen und Minderheiten leider nicht immer die gleichen Bildungschancen. Mit Udemy arbeiten wir daran, Bildung Allen zugänglich zu machen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft.
Und warum sollten mehr Frauen in der Tech-Branche arbeiten?
Technologie schafft die Möglichkeit, komplexe Probleme mit unglaublicher Hebelkraft zu lösen. Meiner Meinung nach entgehen uns als Gesellschaft wichtige Erfindungen, Produkte und Problemlösungen weil im Tech-Sektor zu wenige Frauen arbeiten und ihre Ideen einbringen.
Würde unsere Welt anders aussehen, wenn mehr Frauen in STEM arbeiten würden? Welche Vorteile hätte es deiner Meinung nach – auf sozialer, fachlicher, kultureller und wirtschaftlicher Ebene – wenn es mehr Frauen in der Tech-Branche gäbe?
Die innovativsten Projekte werden meiner Meinung nach von Teams vorangetrieben, die viele unterschiedliche Ansichten an einen Tisch bringen: je größer die Unterschiede, desto besser. Ich bin in dieser Hinsicht ein Fan der Design Thinking Theorie, die besagt, dass besten Lösungen für Probleme von heterogenen Gruppen in einem kreativen Umfeld erarbeitet werden.
Wenn es mehr weibliche Engineers und Führungskräfte in der Tech-Branche gäbe, wären Startups und Firmen höchstwahrscheinlich im Schnitt finanziell erfolgreicher. Das wurde bereits von zahlreichen Studien belegt, wie beispielsweise McKinseys “Women as a Valuable Asset” [1] sowie “Diversity Matters” [2] und Catalysts “The Bottom Line” [3]. Es spricht also alles dafür, mehr Frauen einzustellen und zu befördern. Und das trifft nicht nur auf die Tech-Branche zu.
Was wäre Deine Empfehlung an junge Frauen, die gerade noch vor der Berufswahl stehen?
Ich finde es wichtig, zu überlegen, welche Fragestellungen einen interessieren. Welche Probleme faszinieren mich? Worüber diskutiere ich gerne? Wozu habe ich starke Meinungen? Und dann herauszufinden, welche Fähigkeiten man sich aneignen muss um dieses Problem zu lösen.
Man muss Vertrauen in die eigene Intelligenz und Fähigkeiten haben, darf aber auch nicht naiv mit Bezug auf Hindernisse zu sein. Wenn man sich für einen Weg entscheidet, der vielleicht nicht Mainstream ist, wird man nicht nur Unterstützung erfahren, sondern muss sich auch mal gegen Widerstände durchsetzen. Solange man sein Ziel vor Augen hat, sich kontinuierlich fortbildet und besser wird in seinem Fachgebiet, kann man auch diese Hürden überwinden.
Letztendlich ist es aber wichtig, an einem Thema zu arbeiten, die einen jeden Tag aufs Neue fasziniert. Nur dann wird man die richtigen Fragen stellen, im Job wirklich gut werden und dort ankommen, wo man hin will.
Zu Lea Bauer, Head of DACH, Udemy – Managerin einer der größten Lern-Communities der Welt:
Traveler, Learner, Explorer by heart, Head of German Market in business life – die Münchnerin Lea Bauer kombiniert die besten Eigenschaften, um das Geschäftsfeld von Udemy, einem der weltweit führenden E-Learning Marktplätze, in Deutschland weiter auszubauen. Zuvor arbeitete sie rund fünf Jahre bei Google, wo sie für den Aufbau des Ebook Store für Google Play verantwortlich war. Lea Bauer studierte in London und hat einen MBA von der Hamburg Media School. Nachdem sie eine Greencard gewann, stand für sie schnell fest: „Auf nach San Franzisco, hier wird an der Zukunft gearbeitet!“ Wie sie den Spagat zwischen Deutschland und Kalifornien hinbekommt, und was Udemy als Online-Vertriebskanal von Inhalten auszeichnet und wie Dozenten über Udemy ihre Zielgruppen monetarisieren, erzählt sie gerne in einem Interview.
Quellen:
1 McKinsey: Women as valuable asset
2 McKinsey: Why diversity matters
3 Catalyst: Study Financial Performance is Higher For Companies with More Women at the Top