April 19, 2017
Coden lernen in Hamburg- mein Erfahrungsbericht
„Die IT-Branche braucht mehr weibliche Vorbilder“ schrieb die Zeit [1] schon vor über einem Jahr und auch 2017 heißt es noch: „Das Silicon Valley ist männlich und weiß“. Nur 15 Prozent Frauen arbeiten in IT-Berufen. Und nur 23 Prozent Frauen studieren Informatik. Dabei werden Fachkräfte in dem Bereich händeringend gesucht: Laut Bitkom gibt es derzeit rund 41.000 unbesetzte IT-Stellen in Deutschland. Gut bezahlt sind diese Jobs mit einem Anfangsgehalt ab rund 40.000 [2] Euro auch. Führungskräfte mit Berufserfahrung bewegen sich sogar im Bereich zwischen 66.000-116.000 Euro. Klingt verlockend und zukunftsorientiert – und dennoch schrecken viele Mädchen und Frauen vor einer IT-Karriere zurück.
Eine, die das ändern will, ist Anja Schumann. Sie ist Vorstandsvorsitzende von Moinworld e.V., einer Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Anteil der weiblichen Software Entwickler und Manager im IT Bereich auf 50 Prozent zu erhöhen. „Wir wollen die IT-Welt positiv verändern, in dem wir mehr Frauen und Mädchen für das Programmieren begeistern und sie in Ihrem Werdegang unterstützen“, erzählt sie in einem Interview. „Unsere Zukunft ist digital und Frauen und Männer sollten diese Zukunft gemeinsam gestalten können. Software verändert alle Bereiche, egal welchen man sich anschaut: Landwirtschaft, Automobilindustrie, Handel. Es wäre ein großer Vorteil, wenn ein größerer Teil der Bevölkerung diesen Code lesen und schreiben kann. Nicht nur, weil wir damit das Fachkräfteproblem lösen, sondern auch, weil wir alle wissen, dass diverse Teams bessere Ergebnisse hervorbringen.“
Damit das gelingt, bietet sie verschiedene Programmierkurse für Frauen an: In Blöcken von zehn Unterrichtsstunden kann man bislang HTML & CSS, JavaScript oder Python lernen. Weitere Kurse für Android Prgrammierung und Java sind in Planung. Die Kurse sind im Vergleich zu anderen Angeboten echte Schnäppchen und werden quasi zum Selbstkostenpreis von 80 Euro angeboten, damit mehr Frauen den Einstieg in die IT Welt finden.
Ich würde mich selbst zwar als technikaffin beschreiben, aber mir selber kam es bisher nie in den Sinn, selbst Informatik zu studieren oder etwas in dem Bereich als Berufsziel auszuwählen. Mein Beruf als Referentin für Onlinekommunikation ist zwar sehr digital: Ich verbringe die meiste Zeit vor dem Computer und befasse mich viel mit dem Internet. Und auch durch meine Ausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien, die ich vor meinem Studium absolviert habe, konnte ich Einblicke in die Theorie des Internets gewinnen.
Aber selbst Webseiten programmieren? Das war für mich eher etwas für Nerds und kein besonders spannender Beruf für mich. Mit dem wenigen Vorwissen, das sich darauf beschränkt, einen Text im HTML-Modus fett zu machen, startete ich vor fünf Wochen also selbst in den Kurs. Mittlerweile habe ich die letzte Doppelstunde „Web Development“ mit Moinworld hinter mir - und meine eigene Website online.
Neben der Begeisterung, zu lernen, wie eine Website aufgebaut ist und wie man die Zeichenkolonnen in grafische Elemente umwandelt, die tatsächlich online sind, ist es toll, das gemeinsam mit anderen Frauen aus unterschiedlichen Berufen machen zu können. In unserem Kurs waren auch Schülerinnen dabei, was ich eine großartige Idee finde, da sie dadurch ein anderes Bild der IT vermittelt bekommen, als ich damals vor meiner Berufswahl stand. Die beim gemeinsamen Lernen geknüpften Kontakte zu uns anderen Frauen, die wir mittlerweile in guten Positionen verschiedenster Unternehmen sind, sind aber wahrscheinlich noch wertvoller. Insofern bin ich optimistisch, dass die Zukunft der IT anders aussehen wird. Wir brauchen nur noch mehr Initiativen wie diese. Natürlich lernt man in ein paar Wochen nicht alles, um komplexe Webseiten zu bauen, doch nützlich ist das Grundwissen allemal. Ich versteh jetzt tatsächlich besser, was mir meine IT-Kollegen erzählen – zwei von ihnen sind übrigens weiblich.
Sara Westerhaus
Sara über sich:
Wenn die Arbeit das Vergnügen ist: Ich habe Politikwissenschaften und Soziologie studiert und arbeite seitdem als Onlineredakteurin bei einer internationalen NGO. 70 Prozent lesen, 30 Prozent schreiben und immer online – es ist mein absoluter Traumjob.
Seit 2007 blogge ich über Nachhaltigkeit, Vegetarismus und Laufsport. Neben diesem Blog schreibe ich noch für Edition f, Grüne Mode und Mit Vergnügen Hamburg. Wenn ich nicht schreibe, bin ich gern in Bewegung und draußen.
Quellen: